ERSTE MEERSBURG-BESUCHE
Geboren wurde Annette von Droste-Hülshoff 1797 bei Münster in Westfalen auf Burg Hülshoff. Das genaue Geburtsdatum der Freiin von Droste zu Hülshoff ist nicht belegt: Manche Quellen nennen den 10. Januar, andere belegen den 12. Januar als ihren Geburtstag. Ihre literarische Begabung fiel bereits früh auf. Als Frau war sie jedoch stark in die Forderungen ihrer Familie eingebunden. Dem strengen Korsett ihrer adeligen Verpflichtungen entging sie bei ihren Aufenthalten am Bodensee, wo sie bei ihrer Schwester und deren Ehemann in der Alten Meersburg lebte. Die Aufenthalte in Meersburg zählen im Rückblick zu ihren produktivsten Schaffenszeiten. Von 1841 bis zu ihrem Tod im Jahr 1848 hielt sie sich vorwiegend hier auf. Schon damals war sie berühmt: Ihr bis heute bekanntestes Werk, die Novelle „Die Judenbuche“, war 1842 im „Morgenblatt für gebildete Stände“ erschienen, einer führenden Zeitschrift, herausgegeben vom Verleger Cotta in Stuttgart.
EIN PRIVATER RÜCKZUGSORT
Das Fürstenhäusle ersteigerte die Dichterin 1843 in einer Auktion in Meersburg: Dass sich Annette von Droste-Hülshoff das kleine Gartenhaus in den Weinbergen leisten konnte, hatte sie ihrer Schriftstellerei und einer Leibrente des Bruders zu verdanken. Der Verleger Cotta zahlte ihr für die Ausgabe ihres zweiten Gedichtbandes ein respektables Honorar. Für eine Frau in der Mitte des 19. Jahrhunderts und ihres Standes war es ungewöhnlich, eigenes Geld zu verdienen. Gewohnt hat sie im Fürstenhäusle nie ‒ es war vielmehr ein Rückzugsort, an dem sie „bei sich“ sein konnte. Die Dichterin ließ das Häuschen außen herrichten und von einem Meersburger Maler anstreichen, wohnte aber weiterhin im Schloss Meersburg. Das Wesentliche für die Dichterin war die Lage des kleinen Gebäudes mit seinem hinreißenden Panorama.
DIE RÄUME ZUR ZEIT DER DICHTERIN
In ihren Briefen beschreibt Annette von Droste-Hülshoff das Gebäude als „hübsches, massiv gebautes und bewohnbares Gartenhaus“. Es ist „ein kleines, aber massiv aus gehauenen Steinen und geschmackvoll aufgeführtes Haus, was vier Zimmer, eine Küche, großen Keller, und Bodenraum enthält.“ Sie beschreibt, wie sie das Haus einrichten, umgestalten und bewohnen wollte: „…aus der Küche führt eine Wendelstiege und Fallthür in den oberen Stock, meine eigentliche Dachshöle oder (Schwalbennest) – Alles mit Zierlichkeit gemacht, die Stiege hübsch gewunden, die Fallthür wie Getäfel geschnitzt, und sich in die Wand fugend, so dass sie bey Tag nicht bemerkt, sondern für eine Verzierung gehalten wird;… Hieran stößt dann mein eigentlichens Quartier, ein heizbares Wohnzimmer … und ein Schlafzimmerchen, grade groß genug für das Nöthige, Bett, Waschtisch, Schrank…“
DIE LIEBE ZUM DETAIL
Neben der Literatur pflegte Annette von Droste-Hülshoff eine weitere Leidenschaft, wie die Scherenschnitte an den Wänden des „Schwalbennestes“ im Obergeschoss belegen: Die Dichterin fertigte mit viel Liebe und Genauigkeit verschiedene poetische Motive ‒ Jagdszenen und Landschaften ‒ selbst an. Die Papierbilder erinnern an ihre freundschaftliche Verbundenheit mit den Gebrüdern Grimm. Märchenbücher wie die der beiden Sprachwissenschaftler und Volkskundler wurden traditionell mit filigranen Scherenschnitten bebildert. Die Papierarbeiten von Annette von Droste-Hülshoff zeigen ähnliche Motive wie ihre Zeichnungen, Aquarelle und Papierreliefarbeiten: Landschaften, Tiere und Szenen mit Menschen. Daher gelten sie als Zwischenschritt in ihrem kreativen Arbeitsprozess. Ihre Naturbeobachtungen, die sie am Bodensee machte, verarbeitete sie auch in ihrem dichterischen Werk.
DAS ERBE DER DICHTERIN
Am 24. Mai 1848 verstarb Annette von Droste-Hülshoff. Die Ausstellung im ehemaligen Gartenhaus der Fürstbischöfe von Konstanz vermittelt einen Eindruck von ihrem Leben und Wirken am Bodensee. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts erweiterten ihr jüngster Neffe Carl von Droste-Hülshoff und seine Frau Marie das Häuschen. Er ließ an das bisherige Gebäude einen längeren Trakt anfügen und verlegte den Eingang. Das Haus wurde damit viel geräumiger als zu Zeiten der Dichterin. Heute befindet sich im Anbau das Besucherzentrum. Hundert Jahre nach der Dichterin Annette von Droste-Hülshoff zog der Urgroßneffe Heinrich von Bothmer mit seiner Frau Helen ins Fürstenhäusle. Helen kümmerte sich um das 1923 eingerichtete Drostemuseum. Sie griff auf weitere Leihgaben und Erinnerungsstücke der Verwandtschaft zurück und kümmerte sich über viele Jahre um den Nachlass der Dichterin, der heute noch im Fürstenhäusle bewundert werden kann.
VORSCHAU THEMENJAHR 2022
2022 ist das Fürstenhäusle Meersburg eines von 15 Highlight-Monumenten des Themenjahres der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg: Unter dem Motto „Liebe, Lust, Leidenschaft. Leben in Schlösser und Klöster“ erkunden Besucherinnen und Besucher die Liebe und ihre Facetten im Wandel der Zeit ‒ von der Liebe jenseits der Ehe über tiefe Religiosität und leidenschaftliche Gottesliebe bis zur Sammelleidenschaft, die sich in Wunderkammern, Naturalienkabinetten und Gärten mit exotischen Pflanzen widerspiegelt. Alle Inhalte des Themenjahres und weitere Informationen werden ab Januar 2022 auf dem Internetportal der Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg unter www.schloesser-und-gaerten.de vorgestellt.
SERVICE
Bis Freitag, 25. März 2022 ist das Fürstenhäusle Meersburg geschlossen.
KONTAKT
Fürstenhäusle Meersburg
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88709 Meersburg
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